S-Bahn Frankfurt - Einsatzgebiet der Baureihe 420/421

Zeittafel

Die Baureihe 420 und die Frankfurter S-Bahn

Am 20. Januar 1969 griff Bundesverkehrsminister Georg Leber vor versammelter Presse zum Preßlufthammer.
Er legte unter einer der großen Dachhallen des Frankfurter Hauptbahnhofs selbst Hand an um einem großen Projekt symbolisch den Startschuß zu geben. Frankfurts OB Willi Brundert und der erste Präsident der Deutschen Bundesbahn Dr. Heinz Maria Oefterring waren mit von der Partie. Den Rest erledigten in den folgenden Jahre Tausende von Bauarbeitern, die mit schwerem Gerät der zweit nördlichsten der fünf Frankfurter Bahnhofshallen förmlich den Boden unter den Füßen wegzuziehen schienen. Die Rhein Main S-Bahn sollte Mitte der siebziger Jahre unter der Innenstadt Frankfurts ankommen.

Zwar wussten die Verantwortlichen an diesem trüben Januartag 1969, was Frankfurt in den nächsten Jahren erhalten sollte - ein S-Bahn-System nach dem Muster, wie es für München im Aufbau begriffen war - doch war noch nicht geklärt, welches Fahrzeug diese Aufgabe übernehmen sollte. Auch noch als im gleichen Jahr der DB Präsident in den Werkshallen des Aw Freimann in München den ersten Prototyp der Baureihe 420/421 dem Fachpublikum vorstellte, hieß das nicht automatisch, dass dieser Triebwagentyp auch später an Rhein und Main seine Tätigkeit aufnehmen sollte - ganz im Gegenteil. Die Produktion der 420er lief bald auf Hochtouren für die Olympiastadt 1972, namens München. Hier tauchten recht bald die spurtstarken Triebzüge im bayerisch weiss-blauen Farbkleid auf. Hier musste in kürzester Zeit ein S-Bahn-Netz von über 360 Kilometer mit ausreichend Fahrzeugmaterial ausgestattet werden. Da war keine Zeit mehr, daran zu denken, was eigentlich aus Frankfurt werden sollte - ans Geld für weitere Fahrzeuge ganz zu schweigen.

Als München halbwegs mit S-Bahnfahrzeugen versorgt war, kam die bereits bestehende S-Bahn Rhein-Ruhr zum Zuge. Auch wenn die Vorserienfahrzeuge 420 001, 420 002 und 420 003 Frankfurt bereits zu verschiedenen Gelegenheiten beehrt hatten und sogar am 14. März 1972 der Münchner 420 067 die Ehre hatte den neuen, unterirdischen Frankfurter Flughafenbahnhof zu eröffnen, war immer noch nicht geklärt, ob diese Baureihe auch in Frankfurt heimisch werden würde. Zeitweise sah es so aus, als ob für Frankfurt eine andere Lösung gefunden werden sollte, wie die aber aussehen sollte blieb weitgehend im unklaren. Es schlummern in den Archiven bis heute Studien, die eine vom 420 abgeleitete Baureihe aufzeichnet.
Die Besonderen Merkmale:

- Zwei - statt Dreiteilige Einheiten
- Veränderte Fensteraufteilung (3 Fenster zwischen zwei Einstiegsbereichen)
- Ein WC pro Einheit (lässt auf eine evt. Option für Rhein-Ruhr deuten)


Im wesentlichen sollte aber das Fahrzeug auf den bestehenden Strukturen des ET420 basieren, das gilt auch für das äußere Erscheinungsbild (z.B. Baugleiche Zugenden, möglicherweise sogar mit dem 420 kuppelbar).

Die Baureihe 420/421 bewährte sich in den folgenden Jahren allerdings ausgezeichnet und so war es nur konsequent und logisch das weitere Serien auch für die S-Bahnstrecken in Stuttgart und Frankfurt beschafft werden sollten. Die Planungen und Bauvorschritte ließen auch schon gar kein wesentlich anderes Fahrzeugkonzept mehr zu. 210 Meter Länge messen die Tunnelbahnhöfe unter der Mainmetropole, exakt die Länge eines Langzugs bestehend aus drei Einheiten der Baureihe 420. Abgesehen von den erwähnten Studien - Was hätte die Fahrzeugindustrie in der kurzen, verbliebenen Zeit bis 1978 noch anderes und vor allem Besseres entwickeln sollen, als das, was der 420er bereits darstellte? Letztendlich war es vollkommen ausreichend, dass nach den gewonnenen Erkenntnissen der ersten beiden Bauserien weitere Baulose entstehen sollten, die höchstens bei technischen Details mit neu entwickelter Technik ein "Update" erhalten sollten.

Am 26. Mai 1974 wurde nach Münchner, bzw. Hamburger Vorbild der Frankfurter Verkehrsverbund in die Realität umgesetzt. Bereits ab diesem Zeitpunkt kamen rund 2,4 Millionen Menschen in einem Einzugsgebiet von Wiesbaden bis Hanau und von Darmstadt bis Friedberg in den Genuß mit einem einzigen Tarif alle öffentlichen Verkehrsmittel freizügig nutzen zu dürfen. Die S-Bahn fehlte aber noch in der Angebotspalette des FVV.

S-Bahn Rhein-Main: Im Zeichen des ET420! Quelle: Deutsche Bundesbahn

Als die Bauarbeiten zur Realisierung der ersten Ausbaustufe in die Endrunde gingen, tauchte sie schließlich vermehrt im Raum Rhein-Main auf: die Baureihe 420. Und es war klar, dass der 420 nun auch in Frankfurt heimisch werden würde. Man bediente sich kurzfristig der damals noch laufenden zweiten Bauserie, von denen nun einige Einheiten nach Frankfurt statt nach Düsseldorf ausgeliefert wurden. Das Farbkonzept sah bereits bei den ausgelieferten Fahrzeuge für Rhein-Ruhr ein einheitliches Pop-Design in der Farbaufteilung kieselgrau-orange vor. Von weiteren demokratischen Abstimmungen durch das Publikum, wie seinerzeit in München wo die Mehrheit schliesslich für kieselgrau-blau stimmte, sah man zu diesem Zeitpunkt bereits ab. Die Zentralverwaltung der Bundesbahn hatte sich bereits darauf versteift, daß in Zukunft kieselgrau-orange die S-Bahnfarbe der Nation werden sollte. Hamburg und München durften einstweilen weiterhin Extrawürste braten und Berlin lag sowieso weit außerhalb des Wirkungsbereichs der Bundesbahn.

Es war zwar klar das die Vorhut von knapp zwei Dutzend 420 aus der 2.Bauserie bei weitem nicht den Fahrzeugbedarf der S-Bahn ab 1978 abdecken konnte, doch der Bau einer 3.Bauserie war nunmehr eine beschlossene Sache. Die Baureihe 420 etablierte sich zusehends an Rhein und Main.



  1970  

Ab 1975 übernahmen vereinzelte Einheiten aus der 2. Bauserie erste Nahverkehrsleistungen auf jenen Strecken, die auch den Grundstein zum künftigen S-Bahn Netz bildeten. Vorlauf-Strecke erster Stunde war die Relation Frankfurt Hbf - Niedernhausen (Strecke Frankfurt - Limburg), welche der künftigen S2 bereits vorgriff.

  1972  

Zwischen Wiesbaden und Frankfurt pendeln als Nahverkehrszüge erstmals auch Triebzüge der Baureihe 420 planmäßig im Fahrgastverkehr.

29. Dezember 1976

Mit der Auslieferung von Einheit 420 236 erhält Frankfurt den ersten 420 aus den neuen Baulosen der 3.Bauserie. In der Folgezeit werden aus den laufenden Serien (3. und 4. Bauserie) die verschiedensten Fahrzeuge mit den Betriebswerken in Düsseldorf und Esslingen (ab 1978 dann Plochingen) durchgetauscht.

  1975  

Ab 1975 übernahmen vereinzelte Einheiten aus der 2. Bauserie erste Nahverkehrsleistungen auf jenen Strecken, die auch den Grundstein zum künftigen S-Bahn Netz bildeten. Vorlauf-Strecke erster Stunde war die Relation Frankfurt Hbf - Niedernhausen (Strecke Frankfurt - Limburg), welche der künftigen S2 bereits vorgriff.

Im Dezember 1975 lief mit der Indienststellung von Einheit 420 200 die Produktion der 2.Bauserie aus. Zu diesem Zeitpunkt hatte das Bw Frankfurt Griesheim aus dieser Serie einen Bestand von 23 Einheiten ergattert:

420 134
420 154 bis 170, sowie
420 192 bis 196.

  1976  

Zwischen Wiesbaden und Frankfurt pendeln als Nahverkehrszüge erstmals auch Triebzüge der Baureihe 420 planmäßig im Fahrgastverkehr.

29. Dezember 1976

Mit der Auslieferung von Einheit 420 236 erhält Frankfurt den ersten 420 aus den neuen Baulosen der 3.Bauserie. In der Folgezeit werden aus den laufenden Serien (3. und 4. Bauserie) die verschiedensten Fahrzeuge mit den Betriebswerken in Düsseldorf und Esslingen (ab 1978 dann Plochingen) durchgetauscht.

  1978  

27. Mai 1978

Mit der feierlichen Eröffnung des Innenstadttunnels, der vom Hauptbahnhof über den Haltepunkt Taunusanlage durch die Frankfurter Innenstadt zur Hauptwache führt, geht die Frankfurter S-Bahn in Betrieb.

Das S-Bahn Netz der ersten Stunde:

S1 Hauptwache - Wiesbaden
S2 Hauptwache - Niedernhausen (Ts)
S3 Hauptwache - Bad Soden
S4 Hauptwache - Kronberg
S5 Hauptwache - Friedrichsdorf
S6 Hauptwache - Friedberg (Hess)

  1979  

30. September 1979

Die Verbindung Bad Soden - Höchst wird Teil der S3. Die Strecke wurde elektrifiziert und die Bahnsteige erhielten eine Anhebung auf S-Bahn-Niveau, dennoch wurde dieser Teil der S3 nur zu bestimmten Tageszeiten regelmäßig bedient. Durch Kopfmachen in Bad Soden wurde dieser Abschnitt in die S3 eingebunden.

Die S-Bahngleise vom Frankfurter Hauptbahnhof bis Frankfurt Sportfeld gingen in Betrieb. Größte Einzel-Baumaßnahme war dabei die Errichtung einer neuen doppelgleisigen Bogenbrücke über den Main bei Frankfurt Niederrad. Die Aufnahme des S-Bahnbetriebs ließ ein weiteres Jahr auf sich warten, bis dahin nutzten die bereits mit Wendezügen betriebenen Flughafenzüge einen Teil der Trasse.

  1980  

1. Juni 1980

Die Flughafenbahn wird Teil des S-Bahn Netzes. Die Baureihe 420 übernimmt diese Aufgaben und löst damit die aus 141 mit Silberlingen bestehenden Wendezuggarnituren ab. Außerdem erhalten die Opelstadt Rüsselsheim und die Rheinland-Pfälzische Landeshauptstadt Mainz Anschluß an die S-Bahn. Die 420er der S14 verbinden die beiden Landeshauptstädte Wiesbaden und Mainz mit dem Flughafen und der Finanzmetropole Frankfurt. Die S15 verstärkte den Takt auf dem Abschnitt Hauptwache und Flughafen und verband den Airport direkt mit der Innenstadt.

S14 Frankfurt Hbf (hoch) - Flughafen - Rüsselsheim - Mainz - Wiesbaden
S15 Hauptwache - Flughafen

Die beiden Linien waren so aufeinander abgestimmt, das zwischen Frankfurt Hbf und Flughafen faktisch ein 10 Minuten Takt bestand.

Der Endbahnhof Hauptwache, an dem nun 7 Linien aus dem Umland endeten, entwickelte sich zunehmend zu einem betrieblichen Engpaß. Die ankommenden Züge mussten direkt am Bahnsteig wenden, und das im dichten Takt. Man behalf sich mit einem effizienter gestalteten Wendeverfahren: Der Fahrer für die Gegenrichtung stieg bereits am Hbf beim Zugende ein. Mit der Ankunft an der Hauptwache begann der Tf sofort mit der Bereitstellung. Nach kurzer Bremsprobe startete der Zug zur Rückfahrt. Der Fahrer der den Zug zur Hauptwache brachte, verließ den nunmehr rückwärtigen Führerstand dann am Hauptbahnhof.

  1983  

28. Mai 1983

Eröffnung des "Zeiltunnels" mit der Verlängerung der S-Bahn von der Hauptwache zur Konstablerwache. Sieben Linien aus dem nordwestlichen Ballungsgebiet Frankfurts enden nunmehr an der Konstablerwache. Anders als an der Hauptwache, ist dieser Tunnelbahnhof so konzipiert worden, das auch am gleichen Bahnsteig zwischen S- und U-Bahn umgestiegen werden kann.

Betriebstechnisch sorgte diese Verlängerung auch für eine Entspannung bei den knapp bemessenen Wendezeiten, da nun eine Wendeanlage zur Verfügung stand.

Diese befand sich in dem weiterführenden Tunnelstück, welches bereits eine Vorleistung für die später angedachte Verlängerung zum Südbahnhof darstellte.

FVV Netz zum Sommerfahrplan 1984

Unter der Zeil, der nach dem Tunnelbau zur Fußgängerzone umgestalteten Einkaufsstraße Frankfurts, führt neben den mittig geführten Doppelgleise der S-Bahn auch noch je ein Richtungsgleis der U-Bahn, das zum Zeitpunkt der Betriebsaufnahme der S-Bahn noch nicht genutzt wurde (spätere U6, U7).

Gleichzeitig tauschen mit dem Fahrplanwechsel die Linien S14 und S15 ihre Endstationen in Frankfurt. Somit gelangte man ab sofort direkt von der Frankfurter City umsteigefrei zu den Städten Rüsselsheim und Mainz.

  1987  

31. Mai 1987

Die Frankfurt - Königsteiner Eisenbahn wird in den FVV integriert und taucht im S-Bahn Netz als Linie "K" (heute als "RMV-Linie 12") auf. Gleichzeitig wurde die Linie "K", die mit Dieseltriebwagen des Typs VT2E (von LHB, ursprünglich für die AKN) betrieben wird, bis zum Frankfurter Hauptbahnhof durch gebunden.

  1989  

21. November 1989

Im Zusammenhang mit der Wiederaufnahme der Produktion von Fahrzeugen der Baureihe 420 (7.Bauserie für Stuttgart) - wurde auch ein Nachbauprogramm für Einzelwagen aus den vorhergehenden Bauserien gestartet. Zumeist betraf das Mittelwagen, die den Platz früherer Wagen einnahmen, welche aufgrund von div. Brand- und Unfallschäden verloren gegangen waren.

Auch die Einheit 420 219ff war einer dieser betroffenen Fahrzeuge. Am 30.11.1983 war Mittelwagen 421 219-7 in Brand geraten und danach als Totalschaden ausgeschieden. Erst nach einer 6-jährigen Zwangspause konnte die arbeitslose Rest-Einheit mit einem der fabrikneuen 11 Nachbau-Mittelwagen wieder vervollständigt werden.

Die Einheit fiel mit der Rückkehr nach Frankfurt gleich durch zwei Besonderheiten auf:

Sie war die erste Einheit Frankfurts, die im neuen "Produktdesign S-Bahn" lackiert war. Die Deutsche Bundesbahn stellte bereits 1986 ein neues Farbkonzept für ihre Fahrzeugflotte vor. Für die S-Bahn war nun die allmähliche Umlackierung aller Fahrzeuge in orange-weiss mit einem gelb abgesetzten Zierstreifen unterhalb der Fensterfront angedacht. Die Farbaufteilung hielt sich im groben am bisherigen Farbkonzept.

420 719 Sitz-Variation in Grün

Die zweite Besonderheit hatte B-Wagen 4200 719 vorzuweisen. Hier waren zwei verschiedene Varianten von Stoffsitzen zur Erprobung ihrer Alltagstauglichkeit eingebaut worden.

Im Zuge des Redesign-Programms verlor 420 719-9 Ende 1997 seine besonderen Sitzgelegenheiten wieder.

Stand: 2003

Dank an: Helmut Hofmann, Rainer Hübner, Karl Arne Richter, Andreas Ritzl, Michael Sauer, Harald Schulz

Literaturverweis:
Janikowski, Andreas: "Deutschlands S-Bahnen (Transpress, 1994)"
Deutsche Bundesbahn: "S-Bahn Rhein-Main: Der Süden rückt näher" (BD Frankfurt, Mai 1990)
Frankfurter Verkehrsverbund: FVV aktuell 27, "10 Jahre fahren im Verbund" (FVV, Juni 1984)